Wartung von Tankern: Europäische Werften halten Russlands Flüssiggastransporte am Laufen

Eigentlich soll Russland bei der Gasversorgung Europas keine Rolle mehr spielen. Doch ausgerechnet zwei Werften in Frankreich und Dänemark sorgen dafür, dass russische Tanker Flüssiggas auch im Winter an ihren Bestimmungsort bringen können

Jan 15, 2025 - 09:41
 0
Wartung von Tankern: Europäische Werften halten Russlands Flüssiggastransporte am Laufen

Eigentlich soll Russland bei der Gasversorgung Europas keine Rolle mehr spielen. Doch ausgerechnet zwei Werften in Frankreich und Dänemark sorgen dafür, dass russische Tanker Flüssiggas auch im Winter an ihren Bestimmungsort bringen können

EU-Werften warten russische Gastanker der sogenannten Eisklasse und bieten ihnen Trockendocks an. Dadurch kann Moskau trotz der westlichen Sanktionen gegen seinen Energiesektor weiterhin Gas durch die Arktis transportieren. Ohne die von der Damen-Werft in Brest (Frankreich) und der Fayard A/S in Dänemark durchgeführten Wartungsarbeiten hätte die russische Flüssiggasanlage Jamal im Winter Mühe, den Zugang zu wichtigen Märkten aufrechtzuerhalten, wenn die Gaspreise in der nördlichen Hemisphäre am höchsten sind.

14 der 15 Spezialtanker der Arc7-Flotte, die Flüssiggas der Jamal LNG von der russischen Nordküste aus transportieren, wurden von den beiden Werften gewartet. Dies geht aus den Satellitenbildern und den Daten des Daten- und Analyseunternehmens Kpler über die Hafenaufenthalte hervor. Einige Schiffe liefen die Häfen mehrere Male an.

„Wenn diese beiden Werften gesperrt wären, würde das die gesamte Logistik infrage stellen“, sagte Malte Humpert, Spezialist für die arktische Schifffahrt bei High North News. Er hat die Bewegungen der Schiffe verfolgt. „Sie hätten die Dienstleistungen auch anderswo in Anspruch nehmen können, aber das hätte bedeutet, dass sie weit von ihrer Route abgewichen wären“.

Damen-Werft ist sich keiner Schulde bewusst

Acht der Tanker liefen Damen an, Fayard wartete seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 neun Schiffe. Die meisten Schiffe befinden sich im Besitz von Energie- und Schifffahrtsunternehmen, darunter Dynagas aus Griechenland.

Damen bestätigte, dass man „mehrere Schiffe, die am Transport von russischem LNG beteiligt sind“, gewartet habe. Dies geschehe „unter strikter Einhaltung der europäischen Sanktionsbestimmungen“ und man habe „nichts mit den von den Betreibern der Schiffe getroffenen Frachtentscheidungen zu tun“. Für die kommende Zeit seien keine weiteren Reparaturen an diesen LNG-Schiffen geplant, hieß es. Fayard reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.Abhängigkeit russisches Gas

Der endgültige Verzicht auf russisches Gas ist ein zentrales politisches Anliegen der Europäischen Kommission. Ihr Ziel, die Verwendung russischer fossiler Brennstoffe in der EU bis 2027 auf null zu reduzieren, wird jedoch durch den Anstieg der Einfuhren russischen Flüssiggases, das größtenteils aus der Jamal-Region stammt, konterkariert.

Die Aktivitäten der Schiffe und Werften werden nicht sanktioniert, weil es Ausnahmeregelungen für den Energietransport gibt und weil sie nicht unter russischer Flagge fahren. Ohne das technische Know-how und die Wartung in den europäischen Werften wären die Spezialtanker nicht in der Lage, ihre Ladung auszuliefern.

Sanktionen gegen Schiff mit russischen Eigentümern

Die Christophe de Margerie ist als einziges Schiff der Flotte keine der beiden Werften angelaufen. Sie ist Eigentum der sanktionierten russischen Reederei Sovcomflot. Die EU beschloss am 16. Dezember, Sanktionen gegen das Schiff selbst zu verhängen – der erste Schritt der EU, der sich gegen die Aktivitäten von Jamal richtet. Die USA haben das Jamal-Projekt schon mit einer Reihe von Sanktionen belegt.

Da die Christophe de Margerie keinen Zugang zu den europäischen Reparaturwerften hatte, war das Schiff sechs Monate lang nicht einsatzfähig, was die Abhängigkeit der Arc7 von europäischem Know-how und europäischen Teilen verdeutliche, sagte Humpert.

Vom Terminal in Jamal aus können die Schiffe entweder in Richtung Europa fahren oder den viel längeren und gefährlicheren nördlichen Seeweg nach China nehmen. Die ostwärts führende Route kann nur in den wärmeren Monaten befahren werden, auch wenn der Eigentümer von Jamal LNG, Novatek, mit einem längeren Transportfenster experimentiert.Russland leidet unter der Kriegswirtschaft

Die Arc7-LNG-Tanker wurden in Südkorea gebaut und kosteten laut einer Studie des Oxford Institute for Energy Studies rund 333 Mio. Dollar pro Schiff. Sie sind über 200 m lang und können etwa 170.000 Kubikmeter Erdgas mit einem speziell entwickelten „Azipod“-Antriebssystem transportieren. Damit können die Schiffe durch dickes Eis fahren.

Umschlag von russischem Flüssiggas ab März verboten

Nach Angaben eines europäischen Schiffsmaklers verfügten die französischen und dänischen Werften als einzige über Trockendocks, die groß genug für die überdimensionalen Tanker seien. Sie hätten die Möglichkeiten, Arc7-Schiffe abzufertigen, „und befinden sich gleichzeitig an der richtigen Stelle“.

Während gegen russisches Rohöl und Kohle Sanktionen verhängt wurden, blieb Gas aus Sorge um die Versorgungssicherheit vom Sanktionsregime der EU ausgenommen. In einem ersten Schritt zum Stopp der Einfuhren des verschifften Gases einigten sich die EU-Länder im Juni darauf, den Umschlag von russischem Flüssiggas ab März zu verbieten. Damit können die EU-Häfen nicht mehr für den Umschlag von Gas aus Eistankern auf billigere reguläre Schiffe für den Transport in andere Länder genutzt werden. 

Nach Angaben von OIES exportierte Jamal LNG im Jahr 2023 20,9 Milliarden Kubikmeter nach Europa, wovon etwa ein Viertel an Bestimmungsorte außerhalb der EU weitergeleitet wurden. Lieferungen aus Jamal machten etwa 85 bis 90 Prozent der russischen LNG-Importe der EU aus, so der Thinktank Bond Beter Leefmilieu.

Mitarbeit: Shotaro Tani 

© The Financial Times Limited 2025

Wie ist deine Reaktion?

like

dislike

love

funny

angry

sad

wow