Gerd Kommer Multifactor ETF: Alternative zum klassischen Welt-ETF?

Eine vielversprechende Ergänzung – mit Einschränkungen (Foto: freepik, andranik.h90)

Seit Juni 2023 bietet der Gerd Kommer Multifactor ETF eine innovative Möglichkeit, global zu investieren. Der Fonds präsentiert sich als mögliche Alternative zu etablierten Indizes wie dem MSCI World. Er setzt auf einen wissenschaftlich fundierten Ansatz, der Factor Investing und volkswirtschaftliche Gewichtungen kombiniert. Aber ist er wirklich die bessere Wahl?

Globale Diversifikation aus einer neuen Perspektive

Der Gerd Kommer Multifactor ETF (ISIN: IE0001UQQ933) wurde von Legal & General Investment Management (LGIM) aufgelegt und basiert auf dem eigens entwickelten Solactive Gerd Kommer Multifactor Equity Index. Sein Anspruch: eine ausgewogenere Ländergewichtung und eine breitere Diversifikation als herkömmliche Indizes. Dabei spielen nicht nur die Marktkapitalisierung, sondern auch volkswirtschaftliche Kennzahlen wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine Rolle.

Mit dem Konzept will man vor allem einem häufig kritisierten Problem begegnen: der Dominanz einzelner Länder und Unternehmen. So weist der MSCI World einen US-Anteil von fast 70 Prozent auf, was die geografische Diversifikation stark einschränkt. Der Gerd Kommer Multifactor ETF verfolgt dagegen das Ziel, Klumpenrisiken zu reduzieren und auch Schwellenländer stärker zu berücksichtigen.

Der Faktor-Investing-Ansatz

Kern des Fonds ist der Einsatz sogenannter Faktoren. 5 bewährte Faktorprämien – darunter günstige Bewertung (Value), hohe Qualität (Quality) und stabiles Kurswachstum (Momentum) – sollen langfristig für eine Outperformance gegenüber klassischen Weltindizes sorgen. Statt sich wie kapitalisierungsgewichtete Indizes auf die größten Unternehmen zu konzentrieren, berücksichtigt der Fonds auch kleinere, oft wachstumsstärkere Unternehmen.

Dieser mehrdimensionale Ansatz verspricht eine breite Diversifikation. Um die Qualität des Portfolios zu erhöhen, werden zudem Unternehmen mit schwacher Performance oder hoher Verschuldung herausgefiltert. Dies soll nicht nur für Stabilität sorgen, sondern auch helfen, Risiken besser zu steuern.

Chancen und Risiken im Blick

Die breite Diversifikation des ETF ist zweifellos ein Vorteil. Mit über 3.500 Einzelaktien, die geografisch und nach Faktoren gestreut sind, wird die Abhängigkeit von Einzeltiteln deutlich reduziert. Zudem minimiert der Fonds das Risiko einer Übergewichtung von Megakonzernen, wie sie den MSCI World prägen.

Dieser innovative Ansatz bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Die Gesamtkostenquote (TER) von 0,50 Prozent ist zwar im Vergleich zu aktiven Fonds niedrig, liegt aber über den Kosten klassischer Welt-ETFs, die oft nur 0,20 Prozent oder weniger betragen. Anleger zahlen hier also einen Preis für die komplexe Strategie – ein Kostenfaktor, der sich nur dann rechtfertigt, wenn die erhoffte Outperformance tatsächlich eintritt.

Ein weiteres Risiko liegt in der relativ kurzen Historie des Fonds. Da er erst seit 2023 auf dem Markt ist, gibt es noch keine belastbaren Daten, wie sich die Multi-Faktor-Strategie in verschiedenen Marktphasen bewährt. Gerade in einem unsicheren Umfeld bleibt offen, ob der Fonds die versprochene Resilienz auch in der Praxis bieten kann.

Eine Frage des langfristigen Potenzials

Die bisherige Performance des Gerd Kommer Multifactor ETF blieb hinter den Erwartungen zurück. Während etablierte Indizes wie der MSCI World von der starken Entwicklung der US-Technologieaktien profitierten, entwickelte sich der Fonds aufgrund seiner breiteren Streuung und alternativen Gewichtung weniger dynamisch.

Seit Auflegung am 15. Juni 2023 liegt der Kommer-ETF mit rund 29 Prozent im Plus, während der von vielen favorisierte iShares Core MSCI World ETF im gleichen Zeitraum immerhin 37 Prozent zulegen konnte. Für kurzfristig orientierte Anleger mag dies enttäuschend sein, langfristig könnte der Faktor-Investing-Ansatz in Verbindung mit einer ausgewogenen Ländergewichtung jedoch seine Stärken ausspielen.

Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass der Fonds eine höhere Volatilität aufweisen kann, insbesondere aufgrund der stärkeren Berücksichtigung von Schwellenländern. Diese Märkte bieten zwar Wachstumspotenzial, sind aber auch anfälliger für politische und wirtschaftliche Unsicherheiten.

Fazit: Eine vielversprechende Ergänzung – mit Einschränkungen

Der Gerd Kommer Multifactor ETF bietet eine erfrischend neue Perspektive des globalen Investierens. Seine innovative Struktur, die auf wissenschaftlich fundierten Faktoren und einer breiten Diversifikation basiert, stellt eine interessante Alternative zu klassischen Welt-ETFs dar. Dennoch ist Vorsicht geboten.

Aufgrund der höheren Kosten, der fehlenden Historie und der potenziell höheren Volatilität eignet er sich vor allem für langfristig orientierte Anleger, die bereit sind, neue Wege zu gehen und geduldig auf die Früchte einer durchdachten Strategie zu warten. Für Anleger, die eine Ergänzung oder Alternative zum MSCI World suchen, könnte dieser Fonds ein interessanter Baustein sein. Er sollte jedoch mit Bedacht eingesetzt werden – idealerweise in einem breit diversifizierten Portfolio, das auch andere Ansätze berücksichtigt.

Disclaimer:
Keine Anlageberatung. Kein Aufruf zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.

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